"Der Kontakt mit den Menschen ist mir sehr wichtig"
Nachruf: Langjähriger Eupener Dechant 91-jährig verstorben
Am frühen Dienstagabend verstarb in seiner Wohnung im Schatten der St.Nikolaus-Pfarrkirche im Alter von 91 Jahren Dechant Wim Geelen. Im Juli 2015 beging er noch sein eisernes, 65. Priesterjubiläum.Geboren wurde Wim Geelen am 17. Februar 1926 als Jüngster von zwei Söhnen der Eheleute Willem Geelen und Hubertine Broers in ‘s Gravenvoeren, wo er in einem tiefgläubigen Elternhaus aufwuchs. Die Mutter, eine „solide bodenständige Bauersfrau“, verstarb bereits im Alter von 43 Jahren, als Wim Geelen 16 Jahre alt war. „Dieser Tod hat eine große Lücke in unsere Familie gerissen.“ Schon während seiner Kindheit habe ihn die selbstverständliche Art, wie sein Vater, von Beruf Landwirt, seinen Glauben lebte, tief beeindruckt. "Als Kind hegte ich den Wunsch, eines Tages Tierarzt zu werden." Nach dem Besuch der örtlichen Volksschule, den der begabte Schüler bereits mit elf Jahren abschloss und deshalb eine einjährige „Warteschleife“ im Collège von Visé drehen musste, machte er sein Abitur am „Kleinen Seminar“ von Sint-Truiden, wo er anschließend zwei Jahre lang Philosophie studierte.
Schon früh verspürte Wim Geelen die Berufung, Priester zu werden. Im „Kleinen Seminar“ von Sint-Truiden wurde diese Berufung zur Gewissheit, wohl nicht zuletzt, wie er meint, durch das gelebte Beispiel der Priester, die im Seminar den Unterricht erteilten. Nach dem Philosophiestudium trat er ins „Große Seminar“, das Bischöfliche Priesterseminar von Lüttich ein, wo er sein Theologiestudium absolvierte.
Am 2. Juli 1950 wurde Wim Geelen mit 43 weiteren Seminaristen von Bischof Louis-Joseph Kerkhofs in Lüttich zum Priester geweiht und hoffte nun, in einem Lütticher Vorort (Seraing) als Kaplan in der Seelsorge tätig sein zu können. Als „Trumpfkarte“ hatte er sich die italienische Sprache angeeignet, mit Blick auf die vielen italienischen Gastarbeiter in Lüttich, in der Hoffnung, dass der Bischof ihn als Kaplan in eine Pfarre entsenden würde. „Ich wollte auf gar keinen Fall als Lehrer in einer Schule tätig sein“, erinnert sich Wim Geelen. Doch der Bischof hatte anderes mit ihm vor.
Er wurde völlig unerwartet als Lehrer an die Bischöfliche Schule in St.Vith berufen – einer Ortschaft, von der er nicht mal wusste, wo sie lag. Sein Vetter Piet Geelen, der damals als Lehrer in Dolhain tätig war, wusste gerade, dass dieses Eifelstädtchen „hinter Malmedy“ liegt. So ging es mit dem von Piet Geelen gesteuerten Motorrad los, während Wim mit einigen Habseligkeiten auf dem Soziussitz saß. In St.Vith angekommen, mussten beide feststellen, dass sich die Schule noch im Kloster St. Rafael in Montenau befand.
Während er die Schüler in Latein, Griechisch, Französisch, Erdkunde und Geschichte unterrichtete, lernte er in den Pausen auf dem Schulhof zunächst einmal Deutsch. „Ich habe beim Fußballspielen Deutsch gelernt.“ Nach einem Jahr konnte der Priester-Lehrer genug Deutsch und freute sich, als Hilfspriester oder Rektor den Sonntagsgottesdienst in Crombach zu versehen, wo er die Landfrauengruppe mit aufbaute.
1954 ging sein Herzenswunsch in Erfüllung, er wurde Kaplan in St.Vith und konnte sich endlich der Pfarrseelsorge widmen. Schon vorher hatte er durch seine Jugendarbeit bei der Chiro, die er 1953 mitgegründet hatte, erste Kontakte mit den Einwohnern St.Viths aufnehmen können, „was mir den Einstieg sehr erleichtert hat“. Er wohnte in einem Behelfsheim in der Neustadt, wo auch die Jugendversammlungen stattfanden. Als er im Jahr 1959 gerade in die neu erbaute Kaplanei einziehen wollte, ereilte ihn die Nachricht von seiner Versetzung nach Aubel. „Zu diesem abrupten Abschied schenkten mir die St.Vither einen Citroen 2CV.“
Wie in St.Vith, blieb Wim Geelen fünf Jahre in Aubel („damals der gängige Rhythmus“), folgte dann dem Wunsch des Bischofs und wurde Pfarrer von Weismes, wo sich der kontaktfreudige Seelsorger von Anfang an wohl fühlte, eng mit „seinem“ Sonntagskaplan Alfons Thunus zusammenarbeitete und wie in St.Vith und Aubel schnell Wurzeln schlug. „Ich habe mich riesig gefreut, nunmehr selbstständig das Pfarrleben mitgestalten zu dürfen.“ Kaum war 1971 der Umbau der Pfarrkirche beendet, rief ihn Bischof Wilhelm-Maria van Zuylen sieben Jahre später zu sich und vertraute ihm die Eupener St.Nikolaus-Pfarre und die Leitung des Dekanats Eupen an. Gehorsam, wenn auch schweren Herzens, nahm er diesen Auftrag an und kam im Juni 1971 mit „gemischten Gefühlen“ in die Weserstadt. Gemischte Gefühle deshalb, „weil ich als Bauernsohn mit meinen nicht so perfekten Deutschkenntnissen in eine größere Stadt entsandt wurde.“ Aber auch hier hat Wim Geelen sehr schnell gespürt, dass „der Gebrauch einer korrekten Sprache keine Rolle spielt, wenn der menschliche Kontakt herzlich ist und man die Menschen so nimmt, wie sie sind.“
Im März 1990 musste der sprachgewandte Dechant dann auch von Eupen Abschied nehmen und wurde zum Rektor von Banneux ernannt, wo er am 1. Mai offiziell eingeführt wurde. Die Nachricht vom Weggang aus Eupen schlug in der Weserstadt und Umgebung sehr hohe Wellen und stürzte viele Menschen in tiefe Traurigkeit. Mit seinem freundlichen und zurückhaltenden Wesen aber sagte er in aller Bescheidenheit, dass man um seinen Weggang nicht viel Aufhebens machen solle, denn ein Priester müsse dahin, wo er gebraucht werde. „Das sei nun mal so, denn der Pastor sei nicht der Mittelpunkt der Pfarre, sondern ihr Diener“, erklärte er. In seinen unterschiedlichen Wirkungsstätten St.Vith, Aubel, Weismes und Eupen habe er seine Befähigung zu schnellem Hineinwachsen in neue Aufgaben unter Beweis gestellt, meinte damals Generalvikar Dr. Karl Gatzweiler. "Ich habe in meinem Leben mehrmals Abschied von Gemeinschaften nehmen müssen, in denen ich mich wohl gefühlt habe. Bei jeder Versetzung war es, als würde mir die Welt unter den Füßen weggenommen. Dann begann wieder eine neue Welt, und bald fühlte ich mich auch an der neuen Stelle wohl."
In Banneux wirkte Wim Geelen fünf Jahre lang als Rektor und war zuständig für die Betreuung von mehreren Hunderttausend Pilgern im Jahr. Doch der Pfarrdienst, der beständige Kontakt zu Menschen, für die er sich verantwortlich fühlen konnte, fehlte ihm in Banneux. In Banneux sei zwar „viel Volk“, aber ihm fehlten „die Menschen“, hat er einmal gesagt. „Es war viel Betrieb im Wallfahrtsort, mir fehlte aber die Gemeinschaft.“
Nach fünf Jahren wurde ihm im Jahr 1995 die Pfarre Henri-Chapelle anvertraut, wo er bis 2005 wirken sollte. Im November 2005 kehrte der damals 79-jährige Limburger wieder nach Eupen zurück, und freute sich seitdem auf einen beschaulichen Lebensabend in der Stadt, wo er sich im Schatten der Türme der Nikolauskirche zu Hause fühlte und wo seine vormaligen Pfarrangehörigen glücklich waren, ihren ehemaligen Dechanten wieder in ihrer Mitte zu wissen. Bis 2015 half der lebensnahe und lebensfrohe (Un)ruheständler in Eupen, im Astenter Katharinenstift und im gesamten Dekanat gerne aus, wo seine Hilfe in Anspruch genommen wurde.
„In meinem Leben hat es mich immer froh gemacht, mit Menschen ein Stück des Weges zu gehen“, meint Wim Geelen aus Anlass seines diamantenen Priesterjubiläums auf die Frage, was ihn in seinem Priesterleben begeistert hat. „Der Kontakt mit den Menschen ist mir sehr wichtig, und ich bin dankbar für die Gemeinschaft, die ich an so vielen Orten erleben durfte.“
Die Begräbnisfeier für Dechant i. R. Wim Geelen findet am Freitag, 24. Februar, um 9.30 Uhr in der Eupener St. Nikolaus-Pfarrkirche statt. Die Beisetzung geschieht anschließend auf dem Friedhof (Priestergräber) Eupen. Die Totenwache ist am Donnerstagabend, 23. Februar, um 18.30 Uhr in der Klosterkirche Eupen.
Lothar Klinges